Ceolestin im Schönberg Höhlensystem

von Christian Knobloch

Sehr auffallend ist im neu entdeckten „Paralleluniversum“ immer wieder der strahlend weiße, offenbar noch aktive Sinter und besonders spannend offenbart sich die Mineralogie des neuen Teilsystems. Sie zeigt einmal mehr, dass man sich diesem Thema in Hinkunft aufmerksamer widmen sollte. So gelang hier der erst zweite Nachweis für Coelestin in einer Österreichischen Höhle.

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Das Strontium-Sulfat mit der Formel Sr [SO4] ist in bestimmten Sedimentgesteinen durchaus verbreitet, gehört aber in Höhlen zu den extremen Raritäten. Bis 1980 war er weltweit nur aus dem Höhlensystem von Kap Kutan in Turkmenistan bekannt. In den Österreichischen Kalkalpen befinden sich die allermeisten bekannten Oberflächen-Vorkommen im anisischen Gutensteiner Kalk oder eng verwandten Gesteinen. Das liegt an einem stellenweise erhöhten Strontium-Gehalt, der für diese Kalkarten typisch ist. Angeblich sind dafür die Gehäuse einer bestimmten Nautiliden-Art verantwortlich, welche in dieser Zeitstufe überproportional häufig vorkommen (mündl. Mitt. Dr. Michael Götzinger, Uni Wien). – Der Erstnachweis vor etwa 30 Jahren betraf daher wenig überraschend eine Höhle im Gutensteiner Kalk. Es handelt sich dabei um die Schachernhöhle bei Hohenberg / NÖ. Dort bedecken himmelblaue Coelestin-Kristalle von maximal 8 mm Länge größere Wandbereiche eines kluftartigen Höhlenraumes von 10 m Länge. Neben Coelestin finden sich im selben Raum auch Gipskristalle und außergewöhnlich schöne Excentriques.

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Im Schönberg-Höhlensystem ist das Vorkommen von Coelestin auf eine Stelle namens „Popcorn-Machine“ begrenzt. Seltsame, lose herumliegende Gebilde mit Krusten aus glitzernden Kristallen erinnern tatsächlich an überdimensionales Popcorn.. Ihren Ursprung haben sie offensichtlich in einer darüber liegenden Spalte, was zur Namensgebung anregte. Die nähere Untersuchung eines faustgroßen „Popcorns“ zeigte seine Zusammensetzung aus mindestens drei Mineralphasen: Calciumcarbonat (Aragonit?) als Untergrund, darüber Krusten aus kristallinen Gips. Dazwischen finden sich stellenweise Gruppen hochglänzender farbloser bis himmelblauer, maximal 1,5 mm großer Kriställchen. Ihre (visuell bereits vermutete) Identität mit Coelestin konnte inzwischen durch Röntgenspektralanalyse bestätigt werden.

Diese Entdeckung schien vorerst rätselhaft, liegt doch das Schönberg-Höhlensystem so wie die meisten Riesenhöhlensysteme Österreichs im Dachsteinkalk. Letzterer enthält kein Strontium zur Bildung einer solchen Mineralisation. Doch eine genauere Nachschau brachte Aufklärung: Im Deckenbereich des betreffenden Höhlenganges zeigt sich eine auffällige, braunschwarze, maximal halbmeterbreite aber über 100 m lange Gesteinsschicht, die markant vom umgebenden Dachsteinkalk abweicht. Dabei könnte es sich um eine Schuppe von Gutensteiner Kalk oder einem verwandten Gestein handeln, was die Herkunft des Strontiums erklären würde. Auf jeden Fall zeigt dieser Fund, dass ein genaueres Augenmerk auf die Mineralisationen in Höhlen viel zum Verständnis des inneren Baus unserer Kalkalpen beitragen kann.

 

DANK:

Wir danken Herrn Mag. Dr. Stephan Puchegger von der Universität Wien für die Analyse des Coelestins und die Anfertigung des SEM-Bildes.

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